Der Bojenmann by Jan Jepsen & Kester Schlenz

Der Bojenmann by Jan Jepsen & Kester Schlenz

Autor:Jan Jepsen & Kester Schlenz [Jepsen, Jan & Schlenz, Kester]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller/Krimi
Herausgeber: btb Verlag
veröffentlicht: 2023-03-31T22:00:00+00:00


Mittlerweile hatte sich das Ruderboot bis auf fünfzig Meter genähert, war also ca. zwei Schiffslängen entfernt. Etwas seitlich versetzt vom Bug des ZP Pitbull. Gefahrenlage bei Kollision äußerst einseitig. Rocco freute sich schon, ihm gleich mittels Außenlautsprecher einen schönen Spruch zu verpassen. Oder nein. Ihm fiel was Besseres ein. Ein Scherz, mit dem sie manchmal die Stimmung auf den Partydampfern befeuerten und selbst das Schiff der Tümpelbullen einmal ins Schaukeln gebracht hatten, als die bei einem Einsatz in Walterhof zu dicht kamen. Auf dass der Kaffee überschwappte.

»Sind noch alle Leinen fest? Dem geben wir ein bisschen Breitseite.«

Er ließ den Motor an, brachte die beiden gigantischen Propeller in Position, die sich dank eines Rolls-Royce-Getriebes um dreihundertsechzig Grad drehen ließen. Unter dem Schiff richteten sich zwei Schrauben mit jeweils zwei Meter Durchmesser aus. Schrauben, die die zwölftausend PS ins Wasser und in sechzig Tonnen Zug- oder Schubkraft übertrugen. Was gerade gewünscht war.

»Manche haben Wasserwerfer, wir haben das …« Und gab Schub voraus, genauer gesagt, seitwärts.

»Aber sutje, Rocco, nicht, dass du den Vogel zum Kentern bringst.«

»Ne, ich geb nur ein bisschen Starthilfe. Oder ist der eingepennt?«

Als das Ruderboot querab war, keine drei Meter von der Bordwand entfernt, röhrte der Motor, qualmten die beiden Schornsteine, und es entstand plötzlich unter dem Schiff ein Wildbach, ein Strom im Strom, quer zur eigentlichen Fließrichtung der Elbe und ungefähr fünfmal so stark. Der Pitbull machte seinem Namen alle Ehre, drückte mit halber Kraft gegen den Schlengel, der in seiner Verankerung knarzte, legte sich etwas schräg, und auf der anderen Seite wurde das Ruderboot wie von einem Strudel des Bermuda-Dreiecks bestimmt zehn bis zwanzig Meter ins Fahrwasser versetzt. Wie eine Mücke, die man kurz wegpustete.

Rocco riss die Tür der Kabine auf und rief dem Ruderer hinterher.

»Alter, das ist nicht die Adria hier und kein Feuerwehrteich. Wo hast du eigentlich rudern gelernt?«

Aber nix. Keine Reaktion, der Mann saß da wie unter Schockstarre.

»Sonst können wir dich auch abschleppen. Aber das kostet. Ungefähr sechstausend Euro pro Einsatz. Je nachdem, wo du hinwillst.«

Im Nachhinein nicht die schlechteste Idee.

Die nächsten zweihundert Meter trieb der einsame Ruderer rückwärts im Boot flussaufwärts. Käpt’n Rocco gab Befehl zum Ablegen, was schnell getan war. Bevor er elbabwärts auf Gegenkurs ging, drehte er eine Runde und sagte mehr zu sich selbst.

»Digger, der ist nicht ganz schussecht … da regt sich ja nichts. Ist der überhaupt echt?«

Er sah seinen Kollegen an. Sein amüsierter Gesichtsausdruck war schlagartig verschwunden.

»Komm, den gucken wir uns kurz aus der Nähe an.«

Und aus der Nähe besehen bereute er kurz darauf seinen Scherz.

Rocco drückte sofort mit dem Daumen auf den Knopf an der Handfunke und ging auf Sendung:

»Pan Pan, Pan Pan, Pan Pan – hier spricht die ZP Pitbull … hallo, Waschpo … aufwachen, hört ihr mich? Over.«

Knarzen in der Leitung.

»Jo, Pitbull , nicht so kiebig, wir hören dich. Ist das Rocco?«, kam eine verschlafene Stimme mit nordischem Vibrato, »und nicht nur wir, der ganze Hafen hört mit. Also benimm dich.«

»Jo, Rocco an der Strippe. Gibt Arbeit für euch. Zur Abwechslung. Over.«

»Wir hören. Wenn auch ungern. Over.



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